Über-den-See-schwimmen am Wörthsee / Sommerfest 2009

Durch oder über, quer oder auf, …, was solls. Darüber können sich andere den Kopf zerbrechen. Es geht auf jeden Fall um Schwimmen. Um Schwimmen im See. Im Wörthsee. Dort fand am 1. August das Seeschwimmen der Wasserfreunde München e.V. im Rahmen des alljährlichen Sommerfestes statt. Pünktlich zu Ferienbeginn hatte auch Petrus ein Einsehen und schickte ein Sommerhoch, natürlich nur nach Bayern.

Die Oberfläche des Wörthsees spiegelglatt, das Wasser kristallklar. Kein Lüftchen weht und auch der Himmel ist bestechend blau.
Besser könnten die Bedingungen für ein Überseeschwimmen nicht sein und nach Wochen des Regens und Winds hat der Sommer auch Bayern erreicht.
Nur das rege Treiben der Organisatoren war zu vernehmen und dank langjähriger Erfahrungen und guter Planung saß beinahe jeder Handgriff. Die Einhaltung des Zeitplans selbstverständlich, schließlich sollte pünktlich um 11.00 Uhr der Start erfolgen, denn für High Noon (bayr.: Hai nun) waren die Rauchzeichen zur Nahrungsaufnahme angekündigt. Eine perfekte Glut ist auch eine Sache des Timings und eine Frage der Ehre. Zumindest der, des Grillmeisters. Denn wer zu spät kommt, den bestraft das Leben, oder eben ein verkohltes Würstchen.
Also legten um 10:45 die Boote vom Steg ab, um die Teilnehmer der 1200 Meter Strecke (halbe Distanz) zum Wendepunkt nahe der gegenüberliegenden Insel Wörth, die im Volksmund gerne Mausinsel genannt wird. Die Teilnehmer über die gesamte Distanz von 2400 Metern starteten direkt am Ufer des Vereinsgeländes. Geschwommen wird ohne Hilfsmittel, somit auch kein Neopren, was für die Triathleten unter uns etwas ungewohnt ist. Die reinen Schwimmer dagegen kennen sonst nur das Kachelzählen in maximal 50 Meter langen Becken.
Sie sind es, die dann auch von Beginn an ein hohes Tempo vorlegen, dem nur schwer zu Folgen ist. Was für mich eine gute Vorbereitung auf die Mitteldistanz eine Woche später in Erlangen unter Maximalbelastung ist, war für den Schnellsten eine scheinbar lockere Trainingseinheit. Und so kam mir bereits 50 Meter vor der Wendeboje der Führende, Max Meyer entgegen. Max, das kommt
von maximaler Geschwindigkeit und maximal guter Wasserlage. Trotz oder besser wegen des Abstands hatte ich hier schon den latenten Eindruck, dass heute alle und insbesondere Max und Steffi sehr schnell unterwegs waren. Nach wie vor gab es kaum ewegung auf dem Wasser, kein Wind, nur die leichten Bugwellen der Schwimmer. Die Wassertemperatur geradezu ideal, von der Wasserqualität ganz zu schweigen. Wer Durst bekam konnte ohne weiteres einen Schluck nehmen. Gelegentlich Kaltwasserblasen, die durch zufliessendes Grundwasser entstehen, brachten eine gewisse Abwechslung und auch Abkühlung, um den Motor der Schwimmer nicht zu überhitzen.
Während die Grossen den See durchquerten, gab es für den Nachwuchs, die ganz Kleinen, die Möglichkeit sich auf einer 200 Meter langen Freiwasserstrecke zu bewähren. Dabei ist es für die Ein oder den Anderen schon eine grosse Herausforderung und enorme Leistung, diese Distanz überhaupt ohne Leinen und Beckenrand zu wagen. Wer da schon mutiger war hatte sich noch immer mit der sehr starken Konkurrenz zu messen. Was dabei jedoch mehr zählt sind der Spaß und die erbrachte persönliche Leistung. So kam
jeder wieder heil am Ufer an und konnte sich glücklich und zufrieden auf das verdiente Mittagessen freuen.
Als die Glut schon fast perfekt war und ihre grösste Hitze erreichte ging auch das Überseeschwimmen in seine heisse Phase. Zwei Schwimmer waren lange nah zusammen, so dass es bis zum Ende spannend blieb. Am Schluß konnte der von Beginn an Führende Max Meyer noch einen Vorsprung von 12 Sekunden auf Christoph Koller heraus schwimmen und so stand nach 28 Minuten und 18
Sekunden der neue Sieger des SCW Überseeschwimmens und damit des legendären Wanderpokals fest. Als schnellste Frau schwamm Steffi Grünewald mit 29:19 durch den Wörthsee, der erste Triathlet kam schliesslich mit 31:11 Minuten ins Ziel. Er ist allerdings schon doppelt so alt, wie die Schnellsten. Mit 70 Jahren und nach 58:54 Minuten erreichte Heinz Kalthoff als ältester Teilnehmer das Ziel über die 2400 m, noch vor den „Langsamsten”. Der wirklich älteste Schwimmer aber war an diesem Sommersonnentag Ernst Kendlbacher mit Jahrgang 1922. Er schwamm die 1200 Meter von der Mausinsel zum Grundstück der Wasserfreunde in 36:22 Minuten.
Das Fleisch und die Würstel dagegen wurden langsam durch und ganz und gar nicht alt. Denn nach vollbrachter Leistung im Wasser, mit der Organisation, beim Anfeuern oder auch dem Anheizen des Grills hatten alle einen Bärenhunger. Der Andrang auf Speis und Trank war gross und zum Glück wartete für alle noch ein vielseitiges Kuchenbuffet, das mit allerlei Leckereien lockte. Selbst gemacht und mit Liebe zubereitet. So konnte sich jeder für einen geringen Obulus verköstigen und zufrieden in die nachmittägliche Entspannung abgleiten.
Gleiten? Da war doch noch was! Die legendäre Seifenrutsche: für manchen Wasserfreund der eigentliche Höhepunkt des Tages, ach, der ganzen Saison. Für einen Anderen die Katastrophe botanischer Feinkultur: „Mein schöner Rasen”, hallte es über den See, als sich literweise Seifenwasser über eine Plane den Hang hinab ergossen. Sattes Grün, über Monate mit Hingabe gepflegte, jeder Halm mit der Schere bei Vollmond geschnitten, täglich gewalzt und vor Regen geschützt, verwandelte sich in kürzester Zeit in wohlriechenden braunen Matsch. Und grad schön war’s. Und wenn’s am schönsten ist soll man bekanntlich aufhören.
Während das Sommerfest noch bis spät in die Nacht und mit rockiger Begleitung der „Vocal Strings” dauerte, endet mein Beitrag hier. So bleibt Raum und Zeit damit jeder noch ein wenig an seinen ganz persönlichen Saisonabschluss und ein wunderschönes Sommerfest denken kann. Wir sehen uns!
Ach, und bevor ich es vergesse: wir sind zwar schnell, aber wir können leider noch nicht „über” den See gehen.
Von Stefan Drexl